Polit-Talk der Oberstufe – eine Schülerin fasst zusammen

Am Montag, den 27. März 2017, fand in der Stadthalle der Polit-Talk der Märkischen Schule statt. Dabei hatten Schülerinnen und Schüler die Gelegenheit, ihre Fragen direkt an Politiker zu richten und mit ihnen über aktuelle Themen zu diskutieren. Er wurde im Vorfeld von der Fachschaft Sozialwissenschaften und allen Sozialwissenschaftskursen vorbereitet.

Ziel der Veranstaltung war vor allem, den Schülerinnen und Schülern einen Einblick in die Politik der verschiedenen Parteien zu ermöglichen und eine Grundlage für sozial und politisch verantwortungsbewusstes Handeln zu schaffen.

Die Moderation wurde von Jörg Steinkamp (WDR) übernommen, der als ehemaliger Schüler der Märkischen Schule für eine lockere Atmosphäre sorgte.

Sebastian Pewny (Bündnis 90/ Die Grünen), Christian Haardt (CDU), Simone Brand (Piraten), Serdar Yüksel (SPD) und Markus Selzener (FDP) waren der Einladung der Schule gefolgt, um den Schülerinnen und Schülern ihre Politik nahe zu bringen.

Bildungssystem im Vordergrund

Schon während der ersten Vorstellung wurde deutlich, dass Themen bezüglich des Bildungssystems im Zentrum standen.

Pewny betonte, dass er aus eigener Erfahrung wisse, dass G9 mehr Freizeit biete als G8. Die Schule müsse daher mehr auf die Schülerinnen und Schüler ausgerichtet sein, wie es in Skandinavien der Fall sei. Yüksel stimmte ohne zu zögern zu. „Man kloppt sich das ganze Wissen rein und kotzt es später gegen Geld aus“, erklärte er unmissverständlich, was für große Zustimmung der Schüler sorgte.

Selzener und Haardt waren etwas anderer Meinung, sie würden es bevorzugen, wenn die Schulen selber bestimmen, ob sie G8 oder G9 anbieten wollen. Selzener begründete dies mit den Vor- und Nachteilen beider Systeme, während Haardt seine Tochter als gutes Beispiel heranzog. Seine Tochter habe genug Zeit um Tennis zu spielen, reiten zu gehen und nebenbei genug Freizeit zu haben, es stimme also nicht, dass alle Schüler heutzutage keine Freizeit mehr haben. Frau Brand hingegen stellte klar, dass dies eher die Ausnahme sei, deshalb forderte sie ein einheitliches G9-System. Brand machte außerdem darauf aufmerksam, dass noch vieles zusätzlich nötig sei, um das Bildungssystem ausreichend zu verbessern.

Die Schülerinnen und Schüler wirkten wenig überzeugt von der Idee, die Schulen über die Dauer der Ausbildung entscheiden zu lassen. Ein Schüler fragte, ob es nicht besser sei, G9 wieder einzuführen, damit jeder das Tempo halten könne. Haardt blieb jedoch bei seiner Meinung, dass dies die Entscheidung der Schule sein sollte. Daraufhin merkte ein Schüler der Q1 an, dass man mit zehn Jahren noch nicht in der Lage dazu sei, eine so wichtige Entscheidung zu treffen. Pewny stimmte ihm zu und sprach zusätzlich andere Probleme an, wie z. B. die Wohnortnähe eine passende Schule zu finden, an.

Yüksel fürchtete außerdem, dass Schulen, wenn sie die Wahl hätten, bei dem G8-System bleiben würden, da es Aufwand bedeuten würde, das System wieder umzustellen. Des Weiteren unterstrich er, dass ein solcher „Flickenteppich“ nicht die Lösung sein könne, da man ein einheitliches Schulsystem brauche.

Unterrichtsausfall wird nicht nachgehalten

Eine Schülerin der Q2 lenkte nun das Thema in eine andere Richtung. Sie berichtete, dass sie das Gefühl habe, ihr halber Unterricht würde ausfallen. Dadurch sehe sie sich, wie viele andere Schülerinnen und Schüler auch, nicht gut genug auf die anstehenden Abiturprüfungen vorbereitet.

Brand versuchte sich daraufhin zu rechtfertigen. „Es wird bereits viel investiert“, erklärte sie. Trotzdem sei es manchmal nicht möglich, den ausfallenden Unterricht sinnvoll zu vertreten. Sie forderte explizit kleinere Klassen und mehr Lehrer und versuchte, die anwesenden Schülerinnen und Schüler zu einem Studiengang auf Lehramt zu ermutigen.

Ein Problem sei außerdem, dass Unterrichtsausfall nicht vernünftig nachgehalten werde und die Ausfallstatistik oft beschönigt werde.

Selzener versuchte daraufhin die Schülerinnen und Schüler zu ermutigen: „Das wird schon alles“, versprach er.

Demokratie endet nicht an der deutschen Grenze!

Auf die Frage, ob türkische Wahlkampfauftritte in Deutschland erlaubt sein sollten, reagierte Yüksel mit einem klaren „Nein!“. „Man kann nicht in eine Demokratie kommen und gegen eine Demokratie aufrufen“, betonte er. Auch Pewny fand die türkischen Aufritte nicht richtig, er bremste Yüksel jedoch in seiner Euphorie und merkte an, dass dies die Beziehungen zur Türkei schädigen würde und es daher besser sei, zu beobachten, wie sich die Situation entwickeln wird. Zunächst solle jeder das Recht haben nach Deutschland zu kommen, dies müsse jedoch auf Gegenseitigkeit beruhen. Yüksel blieb dennoch bei seiner Meinung. Er sehe die deutsche Bevölkerung dazu verpflichtet, die Demokratie zu schützen.

Haardt betrachtete die Situation aus einer anderen Perspektive als die anderen Politiker. Die Türkei sei nicht das einzige Land, das Wahlkampf in Deutschland betreibe, merkte er an. Obwohl er auch gegen die türkischen Wahlkampfauftritte sei, halte er es nicht für richtig, diese zu verbieten. „Mich kotzen diese Auftritte an!“, „Ich finde es absolut abartig, was da passiert“, stellte er klar. Er fürchte jedoch, dass die Türkei die „Opferrolle“ einnehmen würde und dadurch das Gegenteil davon erreicht werde, was man eigentlich mit einem Verbot erreichen wolle.

Pewny ließ sich durch diesen Einwand nicht von seiner Meinung abbringen und betonte noch einmal, dass es unsere Aufgabe sei, die Demokratie zu schützen, denn „Demokratie endet nicht an der deutschen Grenze“.

„Machen Sie eigentlich Politik für die Wirtschaft oder für uns?“

Nach der Diskussion über türkische Wahlkampfauftritte in Deutschland lenkte ein Schüler das Thema wieder auf das Bildungssystem zurück. „Machen Sie eigentlich Politik für die Wirtschaft oder für uns?“, fragte er Haardt und Selzener, da er das Gefühl habe, durch die Einführung von G8 sollten lediglich Kosten gespart werden.

Haardt versuchte daraufhin zu erklären, dass sich seine Partei bemühe, jeden zu berücksichtigen. Die Wirtschaft dürfe dabei jedoch nicht vernachlässigt werden.

Selzener behauptete sogar, dass die Entscheidung für G8 nichts mit der Wirtschaft zu tun habe.

Pewny und Yüksel zeigten sich erneut sehr verständnisvoll gegenüber den Schülerinnen und Schülern und versicherten, dass es ihnen um eine bestmögliche Qualifizierung und um eine individuelle Lebensgestaltung ginge.

Die Politiker zeigten sich außerdem sehr bemüht, den Schülern in Zukunft besseres Lernmaterial und eine bessere Infrastruktur zu ermöglichen.

Trotz der Diskussionen waren sich alle Politiker in einem Punkt einig: In der Schule gehe es darum, das bestmögliche Potential des Einzelnen zu fördern. Wie dies umgesetzt wird, wird unter anderem von den Ergebnissen der Landtagswahlen im Mai abhängen.

Yüksel klar vorne

Am Ende der Veranstaltung bekamen die Schülerinnen und Schüler die Gelegenheit, an einer schulinternen Wahl teilzunehmen. Auffällig war, dass die CDU lediglich 7,1 Prozent der Stimmen bekam. Die Piratenpartei hatte mit 1,1 Prozent die wenigsten Stimmen, knapp vor ihnen landete die FDP mit 2,7 Prozent.

4,9 Prozent gingen jeweils an die Linke und an die AFD, auch wenn diese nicht am Polit-Talk teilnahmen.

Die Grünen wählten 19,7 Prozent der Schüler und die SPD bekam mit Yüksel eine klare Mehrheit von 56,7 Prozent.

Aus den anschließenden Diskussionen der Schülerinnen und Schüler ging hervor, dass sich viele von ihnen nun besser über die Politik der einzelnen Parteien informiert fühlen und sie somit bei der Entscheidung, welche Partei sie bei der Landtagswahl 2017, bzw. bei der U-18 Wahl wählen möchten, erfolgreich unterstützt wurden.

(verfasst von Sarah, Q2)