Die alte Dame besucht die Klasse 9a – eine Spielwerkstatt

Rechtfertig die Belohnung von einer Milliarde Euro einen Mord an einem Mitbürger Was ist Gerechtigkeit? Wer ist mein Freund – wer ist mein Feind?

Diesen und anderen Fragen ging die Klasse 9a im Rahmen einer Spielwerkstatt unter der Leitung des Theaterpädagogen Thorsten Simon des Theaters an der Ruhr in Mülheim am 27. Februar 2020 auf der Bühne der Stadthalle nach.

Die Idee zu dieser Spielwerkstatt entstand während der Lektüre des Dramas „Der Besuch der alten Dame“ (Friedrich Dürrenmatt) im Deutschunterricht als Einstimmung auf die Inszenierung, die die Klasse 9a am 3. März 2020 im Mülheimer Theater besuchen wird.Zum Stück:

Der Ort des Geschehens ist im Mülheimer Theater die Stadt Müllen. Im Mittelpunkt stehen die Hauptfiguren Claire Zachanassian und Alfred Ill, die vor langer Zeit eine Liebesbeziehung hatten, die ihr abruptes Ende findet, als Claire – damals noch Klara Wäscher – schwanger wird und Alfred Ill sich seiner Verantwortung entzieht und sie mit dem Kind im Stich lässt. Als Klara die Vaterschaft vor Gericht einklagen will, besticht Ill zwei Zeugen zu der Falschaussage ebenfalls mit Klara geschlafen zu haben, sodass er sich einem Urteil entziehen kann. Von der Gesellschaft geächtet verlässt Klara Müllen und muss sich als Prostituierte verdingen. Ihr Kind stirbt mit nur einem Jahr. Nach 45 Jahren kehrt Klara – nun Claire Zachanassian – als reiche Frau in ihre nun wirtschaftlich bankrotte Heimatstadt zurück und sinnt nach Rache, nicht nur an Alfred Ill, sondern auch an der ganzen Müllener Gesellschaft, die sie damals verstieß.

Nach Warm-Up-Übungen für Körper und Stimme erspielten die Schülerinnen und Schüler auf der Bühne in kurzen Szenen, warum die Figuren des Dramas so handeln wir sie handeln. Dabei ließ Herr Simon die Schülerinnen und Schüler in die Rolle der Hauptfiguren schlüpfen und die Vorgeschichte des Dramas erarbeiten. Sie hatten die Möglichkeit das Handeln der Figuren nachzuempfinden und deren Motivation zu verstehen und dies in improvisierter Form.

So entstand eine überzeugende Darstellung einer verzweifelten Klara Wäscher, die den Vater ihres Kindes zur Verantwortung ziehen will und eines völlig überforderten Alfred III, der sich windet wie ein Aal, Klara ständig vertröstet und vor Gericht letztlich falsche Zeugen beibringt, die aussagen, sie hätten beide auch eine sexuelle Beziehung mit Klara gehabt. Die szenische Einführung endete dort, wo das Drama anfängt: der Ankunft Claire Zachanassians in ihrer Heimatstadt und der damit verknüpften Hoffnung, sie werde Müllen mit ihrem Geld wieder auf die Beine helfen und Claires Angebot an die Müllener Bürger Alfred Ill für eine Milliarde töten zu lassen.

Die gesamte Klasse war auf der Bühne ins Spiel eingebunden, sodass in weiteren Sprechrollen der Bürgermeister und der Lehrer sowie andere Bürger der Stadt zu Wort kamen und hervorhoben, dass es in Müllen aufwärts gehen müsse und Claire Zachanassians Geld dafür notwendig sei. So mussten sich alle am Ende positionieren und entscheiden, ob sie bereits wären Alfred Ill tatsächlich für eine Milliarde zu töten, ob sie dies zumindest tolerieren aber nicht selbst durchführen würden oder ob sie einen Mord ablehnen.

Alle Schülerinnen und Schüler der 9a überzeugten durch große Spielfreude und Einfühlungsvermögen. Es hat sehr viel Freude gemacht zu sehen, wie sie sich in ihre Rollen eigefunden und die Figuren überzeugend dargestellt haben.

Hier ein paar Eindrücke zur Spielwerkstatt seitens der Schülerinnen und Schüler:

  • „Sehr gute und kreative Idee“
  • „Sehr kreativ, interessant und auch spannend“
  • „Hat sehr viel Spaß gemacht, leider zu wenig Zeit“
  • „Alles war sehr frei gesprochen, alle Beteiligten haben Talent“
  • „Ich würde es weiterempfehlen“
  • „Gute Gelegenheit etwas mehr Selbstvertrauen aufzubauen und zu improvisieren“